Würzburg (POW) Kind und Ausbildung verknüpfen – ein nicht ganz leichtes, in vielen Fällen gar unmögliches Unterfangen. 40 Prozent der Frauen, die im Jahr 2002 während ihrer Ausbildung schwanger wurden, haben ihre Ausbildung abgebrochen. Um diese Zahl zu minimieren, wurde in Würzburg die Stelle Junge Eltern und Beruf (JEB) eingerichtet. Finanziert durch die Würzburger Agentur für Arbeit sowie die Diözese Würzburg, soll jungen Eltern eine Perspektive für die Verknüpfung von Elternschaft und Ausbildung aufgezeigt werden; tatkräftige Unterstützung bei Organisation und Behördengängen inbegriffen.
„Junge Eltern haben keine Lobby“, sagte Josef Wilhelm, Leiter der Berufsberatung der Würzburger Agentur für Arbeit, bei der Vorstellung des neuen Projekts am Mittwoch, 14. Januar. Um diesen Missstand zu beheben, haben die Agentur für Arbeit, die Don Bosco-Berufsschule sowie der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) das JEB-Modellprojekt entwickelt. Mit Bernadette Dick und Lydia Murillo Sánchez kümmern sich fortan zwei Sozialpädagoginnen um die Belange junger Eltern in Ausbildung. Sie beraten und begleiten junge Eltern unter anderem bei der Entwicklung beruflicher Perspektiven, bei der Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen und Kinderbetreuung sowie der Beantragung finanzieller Leistungen und Behördengängen. Bei ihrer täglichen Arbeit können die Sozialpädagoginnen auf ein weit verzweigtes Netzwerk aus öffentlichen und kirchlichen Einrichtungen, Beratungsstellen und Schulen zurückgreifen.
Mit der neuen Anlaufstelle soll vermieden werden, dass eine Elternschaft auf Kosten der Ausbildung gelebt werden oder eine Ausbildung zu Lasten der Elternschaft erworben werden muss. Vor allem schwangeren jungen Frauen soll die Entscheidung für ihr Kind erleichtert werden – ein Punkt, der auch Domkapitular Monsignore Hans Herderich, Leiter der Hauptabteilung Seelsorge, überzeugt hat: „Das Thema ‚Leben‘ ist ein großes Thema der Kirchen. Wir können es aber nicht bei Worten belassen, wir müssen auch etwas tun.“ Deshalb unterstützt die Diözese Würzburg nach Auskunft von Bischöflichem Finanzdirektor Dr. Adolf Bauer das Projekt für zwei Jahre mit 65.000 Euro und erhofft sich davon nach Auskunft Bauers „eine Signalwirkung“. Die andere Hälfte der Mittel kommt von der Würzburger Agentur für Arbeit. „Jeder, der eine Ausbildung machen kann, muss auch die Chance dazu haben“, sagte Eugen Hain, Leiter der Würzburger Agentur für Arbeit. Mit Blick auf den demographischen Wandel sowie die aktuelle Wirtschaftskrise betonte er die Notwendigkeit der Förderung qualifizierten Nachwuchses. In einem Probejahr sei es gelungen, fünf von 20 jungen Müttern eine Teilzeitausbildungsstelle zu vermitteln, erklärte Josef Wilhelm und zeigte sich deshalb optimistisch für den Erfolg der neuen Beratungsstelle.
Die Möglichkeit einer Teilzeitausbildung mit reduzierter Wochenarbeitszeit, aber verlängerter Ausbildungszeit sei bereits seit einigen Jahren durch den Gesetzgeber vorgesehen, erklärte Dr. Harald Ebert, Leiter der Don Bosco-Berufsschule und JEB-Mitinitiator. In der Praxis stünden die Betroffenen allerdings oft vor hohen bürokratischen Hürden, müssten aufgrund vieler ungeklärter Fragen und der Doppelbelastung den Ausbildungsbeginn verschieben oder die Ausbildung ganz unterbrechen. „Es ist deshalb wichtig, dass es ein glaubwürdiges Unterstützungsprogramm gibt und nicht nur Gequatsche und den erhobenen Zeigefinger. Die Verknüpfung von Kind und Berufsausbildung ist hammerhart.“ Von dem neuen Ansatz überzeugt zeigte sich auch Hedwig Jürgens vom Vorstand des Sozialdienstes katholischer Frauen: „Es ist uns Anliegen und satzungsgemäßer Auftrag, Schwangere und Alleinerziehende zu unterstützen, gemeinsam junge Menschen zu fördern und das ‚Modell Familie‘ zu stärken.“
Die beiden Sozialpädagoginnen Bernadette Dick und Lydia Murillo Sánchez der Beratungsstelle Junge Eltern und Beruf (JEB) sind erreichbar in der Michelstraße 2, 97082 Würzburg, Telefon 0931/46079510, E-Mail jeb@skf-wue.de, Internet www.skf-wue.de. Der Einzugsbereich der Beratungsstelle liegt im Raum Würzburg und erstreckt sich bis in die Regionen Kitzingen und Main-Spessart. Alle Projekt-Beteiligten stellten jedoch klar: „Niemand, der hier Rat sucht, wird abgewiesen.“
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